Ein Bild von mir im sub-coma
Am Freitag, den 18.08.1972 gegen 15.30 Uhr, fuhr ich mit meinem Motorrad (50 ccm),
um ein paar Einkäufe zu machen. Ich kam an eine Kreuzung, die etwa einen
Kilometer vom Haus meiner Eltern entfernt liegt. Auf der Gegenfahrbahn kam
ein Truck, der anzeigte, daß er nach links abbiegen wollte. Er wartete
darauf, daß ich die Kreuzung passierte. In diesem Moment näherte sich
ein Auto der RTT-Gesellschaft (wie TeleKom in Deutschland), die heute als Belgacom bekannt ist, der Kreuzung. Da
der Truck und ich Vorfahrt hatten, hätte das Auto anhalten müssen. Heute
glaube ich, daß der Fahrer des Belgacom-Autos dachte, daß der Truck ihm
die Vorfahrt gewähren wollte. Jedenfalls, der Autofahrer sah mich nicht kommen
und rammte mich mit voller Geschwindigkeit. Ich landete auf der Motorhaube und
zertrümmerte mit meinem rechten Arm die Windschutzscheibe. Dies machte es dem
Fahrer unmöglich zu sehen, wo er hinfuhr. Er verlor die Kontrolle über
das Fahrzeug. Das fuhr dann gegen einen Baum, während ich noch auf der
Motorhaube lag. Ich wurde vom Auto heruntergeschleudert und landete in einem
Wassergraben, Hände und Füße ausgebreitet.
Der Fahrer kümmerte sich nicht um mich, er traf sofort alle notwendigen
Maßnahmen, um mit seiner Versicherung in’s Reine zu kommen. Der Truckfahrer
zog mich aus dem Wassergraben heraus und gab mir den "Kuß des
Lebens". Die Polizei und die Ärzte wurden informiert und sie kamen
auch sehr schnell. Die Ärzte legten mich auf eine Trage und brachten mich in’s
nächste Krankenhaus.
Ich war vom ersten Moment an bewußtlos. Am dritten Tag im Krankenhaus begann
sich mein Zustand zu verschlechtern und ich wurde in die neurochirurgische
Abteilung gebracht. Sechs Wochen lang lag ich im Koma. Dann wachte ich auf und lag
dort mit offenen, bewegungslosen Augen, bis ein Priester, ein Freund meiner
Eltern, mich besuchte. Er sah, daß ich hungrig und durstig war, doch er gab
mir nichts. Er zeigte mir eine Flasche Wasser und fragte: "Was ist
das?" Sehr langsam antwortete ich: "Durst!" Dann zeigte er
mir eine Apfelsine und fragte mich wieder: "Was ist das?" Genauso
langsam wie das erste mal antwortete ich: "Hunger!" Zum zweiten mal
in meinem Leben lernte ich sprechen. In der ersten Nacht hatte ich die
Fähigkeit zu sprechen wiedergewonnen, ich schrie "Brot" die
ganze Nacht, da ich so hungrig war.
Die letzten Tage im Krankenhaus fragte ich ständig, wann ich nach Hause
entlassen würde, da ich dachte, ich würde träumen.
Obwohl ich behindert bin, wollte ich den Menschen zeigen, daß es immer
möglich ist, einen Weg zu finden, ungeachtet der Behinderung. Dies versuche
ich, indem ich Radtouren mache.
1978 fuhr ich Lyon-Valence-Lyon ohne Gangschaltung
1979 fuhr ich von Valence nach Gent (Belgien)
1980 kaufte ich mir ein Fahrrad mit 18 Gängen. In den Sommerferien radelte
ich die Strecke Gent-Avignon-Gent mit langen Umwegen (insgesamt 3330 km)
1981, im internationalen Jahr der Behinderten, fuhr ich meine erste Tour de
France (3531 km) in 34 Tagen
1982 machte ich meine zweite Tour de France (4085) km in 38 Tagen
1983: Vom 7. bis 22 Mai machte ich eine 1655 km lange Rundreise durch die
Niederlande. Am 4 Juli des selben Jahres begann ich meine dritte Tour de
France
1984 tourte ich mit meinem Fahrrad durch Deutschland (4185 km)
1985 plante ich wieder eine Tour durch Deutschland, brach aber in
Obergünsburg ab
1986 fuhr ich durch Deutschland und Frankreich
1987 war ich krank, so daß ich keine Radreise unternahm
1988 tourte ich wieder durch Deutschland (3865 km)
1989 reiste ich durch Österreich (mein Fahrtenbuch)
1990 ging es durch Frankreich
1991 wieder nach Deutschland (4554 km) (mein Fahrtenbuch)
1992 fuhr ich von Belgien über Frankreich nach Italien.